Die Textur von Fleisch mit pflanzlichen Zutaten nachzubilden, ist eine der grössten Herausforderungen der Lebensmittelindustrie. Die aktuelle Masterarbeit untersucht das Strukturierungspotenzial pflanzlicher und einzelliger Proteine, insbesondere deren Fähigkeit, faserige Texturen zu bilden, die Muskelgewebe ähneln. Durch den Einsatz einer Hochdruck-Scherzelle wurden optimale Prozessparameter zur Herstellung hochwertiger Fleischanaloga aus Sojaproteinkonzentrat, Erbsenproteinisolat und Mikroalgenpulver identifiziert. Die Erkenntnisse könnten die Entwicklung nachhaltiger Fleischalternativen erheblich vorantreiben.
Der Bedarf an alternativen Proteinen
Angesichts wachsender Bedenken hinsichtlich der Umweltbelastung durch die Viehzucht werden alternative Proteinquellen intensiv erforscht. Traditionelle pflanzliche Proteine wie Soja und Erbse bieten vielversprechende Lösungen, doch begrenzte Anbauflächen und der Bedarf an mehr Vielfalt haben die Suche nach neuen Zutaten verstärkt. Mikroalgen, bekannt für ihren hohen Proteingehalt und ihr schnelles Wachstum, gelten als nachhaltige Alternative. Diese Forschung untersuchte, ob Mikroalgen in pflanzliche Fleischanaloge integriert werden können, ohne die Textur und Struktur zu beeinträchtigen.
Vergleich von Strukturierungstechniken
Die Forschung verglich zwei Technologien zur Strukturierung von pflanzlichen Proteinen: Hochdruck-Scherzellenverarbeitung und Nassextrusion. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Methoden besteht darin, dass die Extrusion ein kontinuierlicher Prozess ist, bei dem Rohstoffe ständig zugeführt, gemischt und unter hohen Temperaturen sowie Scherkräften strukturiert werden. Die Scherzelle hingegen arbeitet in einem Batch-Prozess, der eine präzisere Kontrolle der Strukturierungsparameter ermöglicht. Darüber hinaus bietet die Scherzelle ein gut definiertes Scherfeld, das ein besseres Verständnis der Mechanismen hinter der Faserbildung ermöglicht, während die Extrusion komplexere und variablere Scher- und thermische Bedingungen aufweist, die die Analyse erschweren können. Diese Unterschiede unterstreichen das Potenzial der Scherzelle als wertvolles Werkzeug zur Optimierung der Strukturierungsprozesse, bevor eine Skalierung auf einen Extruder erfolgt.
Während beide Methoden faserige Texturen erzeugten, waren die Strukturen, die in der Scherzelle erzeugt wurden, schwächer als diejenigen, die durch Extrusion gebildet wurden. Dies deutete darauf hin, dass die Scherzelle, obwohl sie als nützliches Vorhersageinstrument im kleinen Massstab dient, für grosstechnische Anwendungen weiter optimiert werden muss.
Verständnis des Strukturierungsprozesses
Die Studie untersuchte verschiedene Prozessparameter – Temperatur, Schergeschwindigkeit und Scherzeit – um optimale Bedingungen für die Strukturierung von Sojaproteinkonzentrat in der Scherzelle zu bestimmen. Es wurde festgestellt, dass die Bildung einer faserigen Struktur in der Scherzelle eine Kombination aus Schergeschwindigkeit, Temperatur und Scherzeit erfordert. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass proteinreiche Rohstoffe beim Erhitzen eine gelartige Struktur bilden, die anschliessend durch die Scherspannungen des Scherflusses in der Extrusion und der Scherzelle aufgebrochen wird. Die Dehnung dieses aufgebrochenen Gels könnte für die Bildung anisotroper Fasern verantwortlich sein. Die Anwendung einer Scherung während der Kühlphase führte zu stärkeren und mehr Fasern. Allerdingskann eine aufgebrachte Scherung bei niedrigeren Temperaturen die Struktur zerstören und die anisotropen Fasern aufbrechen, insbesondere bei hohen Scherkräften.
Mikroalgen als Zutat für Fleischalternativen
Die Einbindung von Mikroalgen in sojaproteinbasierte Fleischanaloge brachte sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich. Die Studie ergab, dass ein zunehmender Mikroalgenanteil zu einem Rückgang der Faserigkeit, der Zugfestigkeit und der Gesamtstrukturqualität führte. Es konnte nachgewiesen werden, dass das geringere Strukturierungspotenzial von Mikroalgen im Vergleich zu Sojaproteinkonzentrat nicht durch das niedrigere Protein-Trockensubstanz-Verhältnis oder den erhöhten Fettgehalt verursacht wurde. Darüber hinaus wurde die Bildung einer faserigen Struktur nicht durch die Zerstörung der Zellen und die damit verbundene Freisetzung von Proteinen verbessert. Es wurde geschlussfolgert, dass das geringere Strukturierungspotenzial von Mikroalgen wahrscheinlich durch die Mikroalgenproteine selbst verursacht wird und dass eine Veränderung der Proteinstruktur durch weitere Denaturierung vor der Verarbeitung oder durch Änderung des pH-Werts der Proteinpulver das Strukturierungspotenzial von Mikroalgen verbessern könnte.
Zukunft für pflanzliche Fleischalternativen
Die Ergebnisse dieser Forschung liefern wertvolle Erkenntnisse für die Lebensmittelindustrie, die sich mit der Entwicklung besserer pflanzlicher Fleischalternativen befasst. Durch die Verfeinerung der Verarbeitungsbedingungen und der Zutatenzusammensetzung können Hersteller realistischere Fleischtexturen erzeugen, ohne auf tierische Produkte angewiesen zu sein.
Ein wesentlicher Vorteil der Scherzellen-Technologie besteht darin, dass sie deutlich weniger Rohmaterial benötigt als ein Extruder. Dies macht sie zu einem idealen Werkzeug für die Erprobung und Optimierung neuer Rezepturen, bevor grössere und kostspieligere Tests auf dem Extruder gefahren werden. Darüber hinaus ermöglicht die Scherzellenverarbeitung eine kontrolliertere und reproduzierbarere Umgebung, was dabei hilft, die Auswirkungen spezifischer Parameter auf die Faserbildung zu isolieren. Dies macht sie zu einem wertvollen Instrument zur Prüfung neuer Proteinquellen, zur Erprobung neuartiger Zusatzstoffe und zur Optimierung der Prozessbedingungen mit geringeren Kosten und Materialanforderungen als die Extrusion.
Die Erkenntnisse der Masterarbeit dienten als Grundlage für die Publikation «Application of a shear cell for the simulation of extrusion to test the structurability of raw materials» (https://doi.org/10.1016/j.foodhyd.2024.110736). Weitere Forschung sollte sich auf die Verbesserung der Strukturierung in der Scherzelle konzentrieren, zusätzliche Strukturierungshilfen untersuchen und die Verarbeitungstechniken für Mikroalgen optimieren, um ihr Potenzial als Proteinquelle zu maximieren. Mit kontinuierlichen Fortschritten sieht die Zukunft nachhaltiger Fleischalternativen vielversprechend aus – ein bedeutender Schritt in Richtung eines umweltfreundlicheren und nahrhafteren Ernährungssystems.
Da pflanzliche Ernährung weltweit an Bedeutung gewinnt, spielt wissenschaftliche Forschung wie diese eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der nächsten Generation von Fleischersatzprodukten. Mit Innovation im Mittelpunkt wird der Traum von nachhaltigen, hochwertigen Fleischalternativen zunehmend zur Realität.
Masterarbeit von Thomas Mair
«Validation of Small-Scale Batch Process for the Formation of Fibrous Structure of Plant and Single Cell Proteins Under Well-Defined Condition to Predict Performance in High Moisture Extrusion Process»
 
					 
					